Sonntag, Mai 27, 2012

Otto-Show

Jetzt ist es schon wieder fast zwei Wochen her, dass ich in Bukarest in diesem Hotelzimmer saß und ungläubig die Ereignisse von Düsseldorf verfolgte. Als die Fans den Platz stürmten, dachte ich für einen Moment: Das war's, dieses Spiel wird mit 0:3 für Hertha strafverifiziert. Muss werden. Das war natürlich voreilig. Doch dann begannen diese langen zwanzig Minuten, an deren Ende die Mannschaft von Fortuna wieder auf dem Platz stand, während die von Hertha fehlte. Und ich versuchte mir vorzustellen, was in den Kabinengängen gerade erörtert wurde.

Wäre es klüger gewesen, Hertha wäre nicht wieder angetreten? Schiedsrichter Stark hätte seinen Bericht sicher so abgefasst, dass die Schuld für den Spielabbruch dann bei den Berlinern gelegen wäre. Wenn ich die Sache richtig überblicke, dann hatte Hertha damals keine Wahl - so oder so wäre die Sache gegen Berlin ausgegangen, und so ist sie nun auch ausgegangen.

Die zweite Instanz hat neuerlich einen Show-Prozess abgehalten, zu dem Hertha durch die Entsendung von König Otto seinen Teil beigetragen hat. Völlig unverständlich bleibt mir die Form des Verfahrens: Das ganze Brimborium mit den vielen Zeugen, wenn es doch einzig und allein darum gehen konnte, was im Stadion (und nicht in den Kabinengängen) vor sich ging. Und dazu gibt es Filmmaterial noch und nöcher. Die Herren Richter hätten sich eine AV-Kammer einrichten sollen, stattdessen machten sie auf "courtroom drama".

Ich bin in diesem Fall weniger Partei, als man meinen würde. Wenn Hertha den Abstieg verdient hat, dann steigt sie ab. Punkt. Aber das Spiel in Düsseldorf war für meine Begriffe so eindeutig irregulär, dass alle Bemühungen von Wolfgang Stark, den Anschein des Gegenteils zu erwecken, nicht entscheidend sein dürfen. Sind sie aber, denn vor allem zur Deckung dieses Tatsachenentscheids dient das Urteil in beiden Instanzen.

Der Fußball ist nicht gerecht, im Gegenteil dient ein großer Teil seines Apparats der Absicherung der absonderlichen Unwägbarkeiten, von denen das Spiel zum Teil begleitet wird. Governance würde hier aber eben auch bedeuten, dass man ganz genau unterscheiden kann, was Zufall und was höhere Gewalt, was sportlich ist und was unsportlich. Nicht nur unsportlich, sondern irregulär ist es, eine Nachspielzeit, in der ein einziges Tor über Gedeih und Verderb (nun ja, für Hertha kann das ja jetzt wirklich so gesehen werden) entscheiden kann, von Fanmassen belagern zu lassen, die sturmbereit an den Linien stehen. So einfach ist das, und so einfach hat der DFB das ignoriert.

Damit sollte dieses Kapitel geschlossen werden. Es gibt nun wichtigere Dinge zu tun.

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