Freitag, Mai 25, 2012

Abwärmrunde

Die Veranstaltung Hertha im Dialog 2012 fand in relativ entspannter Atmosphäre statt und hatte wenig von der kommunistischen Parteitagsstimmung, die angesichts solcher gelenkt demokratischer Veranstaltungen häufig aufkommt. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten der über 600 Anwesenden sich mit dem Abstieg abgefunden haben. Zudem hat Michael Preetz mit der Bestellung von Jos Luhukay schon ein Faktum geschaffen, das die kommende Saison unabhängig davon bestimmen wird, ob der Geschäftsführer Sport und Kommunikation, wie die Funktionsbezeichnung gestern mehrfach in voller Länge genannt wurde, an dieser Position festhalten wird. Es spricht alles dafür, denn nicht nur hielt Präsident Gegenbauer dem wichtigsten Hertha-Angestellten neuerlich demonstrativ die Stange, es gab auch nur ganz wenige Einwände, die so solide begründet erschienen, dass sie nicht einfach als Wunsch nach einem "Schlachtfest" abgetan werden konnten.

Hertha macht also aus der Alternativlosigkeit des gegenwärtigen Personals ein Programm, das gilt ja auch seit langer Zeit für den Geschäftsführer Geld Ingo Schiller, der eigentlich eine Nebelwerferzulage verdienen würde, denn das macht er seit Jahren sehr gut, allerdings nur auf Grundlage anonymer Investoren, die jene Lücken schließen, die sich in der vorher verkündeten "Durchfinanzierung" gelegentlich ergeben. Ein Nebensatz von gestern sollte aufhorchen lassen: Hertha ginge auf gleicher Grundlage wie vor zwei Jahren in Liga zwee, hieß es da. Bedeutet das, dass man neuerlich einen relativ teuren Kader halten will? Mir graut vor dem Gedanken, dass Ottl hierbleiben könnte. Andererseits: Wer weiß, was Luhukay vielleicht aus ihm herausholen könnte!

Wie üblich gab es zuerst eine Fragerunde durch Axel Kruse, der sich zum Sprecher jener machte, die schon vorher ihr Wissbegehr schriftlich deponiert hatten. Dass es dabei nicht um öffentliche Evaluierung von Entscheidungen gehen würde, machte Kruse zum Beispiel so deutlich: "An Otto Rehhagel hat's nicht gelegen. Für mich eine Legende, der Mann." An Otto Rehhagel hat's aber doch gelegen, man müsste blind sein, das nicht (einzu)sehen. Die Entscheidung für Rehhagel ist diejenige, die Michael Preetz am meisten anzulasten ist, auch wenn er gestern auch dafür nachvollziehbare Gründe nennen konnte. Er hat aber eben die von Beginn an nachvollziehbareren Gegengründe nicht in Betracht gezogen.

Sachliche Argumente fanden natürlich nur in beschränktem Rahmen Platz, dafür waren die Anliegen der dann auch noch persönlich Stellung nehmenden Mitglieder zu divers, dazu schwimmt doch jeder Fan zu sehr im eigenen Süppchen. Immerhin war ganz bezeichnend, wie Präsident Gegenbauer das Profil des neuen Trainers definierte: Luhukay steht für "nach innen ganz strenge Disziplin, nach außen ganz wenig Glamour". Das ist zweifellos ein brauchbares Programm für einen finanziell und sportlich angeschlagenen Zweitligisten mit überstandiger Bayerngenetik, untermotivierten Lateinamerikanern, einigen verdienten Oldies und einer schwer einzuschätzenden Jugendgruppe.

Für heute steht der nächste Gerichtsentscheid über das Düsseldorf-Spiel an. Ich bin sicher nicht der Einzige, der hofft, dass damit endlich Klarheit geschaffen wird. Am kommenden Dienstag hingegen werden wir sehen, ob die Kritiker der gegenwärtigen Hertha-Führung sich gestern nur bedeckt hielten, oder ob sie aus Mangel an einem brauchbaren Gegenkonzept einfach nicht in Formation auftreten können.


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