Dienstag, Januar 17, 2012

Schattenelf

Hertha ist aus der Türkei nach Berlin zurückgekehrt, und die wichtigste Nachricht - neben der einer Reduzierung von Raffaels Sperre auf drei Spiele - besteht darin, dass die Nachwuchsspieler weiterhin bei den Profis trainieren werden. Das betrifft die bereits relativ gut bekannten Sebastian Neumann und Fanol Perdedaj, Nico Schulz und Marco Djuricin, aber auch Brooks, Kargbo, Kiesewetter, und Alfredo Morales, der schon in der Allarena gespielt hat und der Älteste in dieser Gruppe ist.

Nicht für alle wird dieser Beschluss für die ganze Rückrunde gelten, das müssen wir annehmen. Bei Perdedaj ist immer noch eine Ausleihe in die zweite Liga im Gespräch, das könnte sich aber anders darstellen, sollte Gladbach tatsächlich ein Gebot für Lustenberger abgeben (was nach dem Entschluss von Roman Neustädter, im Sommer zu Schalke zu wechseln, auf jeden Fall nicht unwahrscheinlicher geworden ist).

Für alle Genannten beginnt nun ganz konkret eine "Reise nach Jerusalem", sie müssen mit der zweiten Garde (Torun, Ben-Hatira, Rukavytsya, Ronny, Janker) um die Positionen im Schattenkabinett kämpfen - die erste Elf wird Skibbe wohl nur unwesentlich umbauen.

Was dabei nicht vergessen werden sollte, ist Folgendes: Nach der Hinrunde stehen die bisherigen offensiven Understudies schon in einer Bringschuld, denn vor allem Torun und Ben-Hatira konten bisher noch nicht zeigen, dass sie konsistent das Niveau heben. Sie vor allem sind es, mit denen Djuricin, Schulz und die noch jüngeren Kargbo und Kiesewetter in Konkurrenz stehen.

Hier wird es großes Fingerspitzengefühl von Skibbe brauchen, da jedes Wochenende einen motivierenden Spielkader zusammenzustellen, während Babbel ja stoisch fast durchwegs die gleiche 18er-Truppe verwendet hat - seine stereoytpen Wechselspiele zählten ohnehin zu den großen Schwachpunkten seiner Arbeit.

Bei Djuricin würde es mir am meisten leidtun, wenn er seine Chance nicht bekäme - und das schreibe ich nicht, weil er Österreicher ist, sondern weil ich ihn schon oft gesehen habe. Er hat das gewisse Etwas, das mich sehr hoffen lässt, dass er es eines Tages auch in größerem Rahmen zeigen kann und will.

Alfredo Morales gilt als einer der Gewinner von Belek - wenn das bedeutet, dass Christian Lell nun einen ernsthaften Vertreter hinter sich weiß, dann kann das für die interne Dynamik nur gut sein - wie auch die bereits bekannt gegebene Verpflichtung von Felix Bastians, womit eine der beiden eindeutig zu besetzenden Planstellen im Kader schon bestellt ist (die andere betrifft wie gesagt die Position neben Hubnik).

Zudem ist die positionelle Flexibilität von Morales interessant. Nico Schulz hingegen sollte nicht zu sehr hin und hergeschoben werden, ihn sehe ich nicht als Außendecker, sondern strikt als Winger. Kargbo und Kiesewetter haben noch ein bisschen mehr Zeit, sodass als akutester Fall wohl Sebastian Neumann bleibt, für den sich in den nächsten Monaten am meisten entscheiden wird: Wird für Mijatovic spätestens im Sommer ein direkter Ersatz geholt, oder rückt Janker mit einem neuen Vertrag auf? In beiden Fällen bliebe er der Vertreter, es spricht aber alles dafür, für die Zentraldefensive einen neuen Mann zu holen, der im Idealfall noch jung ist, aber schon für das erste Team geeignet ist.

Diese perspektivischen Aspekte des "team building" interessieren mich am Fußball inzwischen fast schon am meisten (neben den eigentlichen Spielen natürlich), deswegen freue ich mich auf diese Rückrunde schon sehr, und ich kann nur noch einmal wiederholen, dass ich es begrüße, dass sie ohne Markus Babbel stattfindet. Skibbe mag eine konventionelle Besetzung sein, aber selbst er wird mehr in diesem großen Kader erkennen können als der Vorgänger, der seine "Jungs" zwar offensichtlich schätzte, aber keinen großen Unterschied zwischen ihnen machte. Es kommt aber darauf, den großen Unterschied in Kleinigkeiten zu entdecken.

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