Sonntag, Juli 31, 2011

Erstligist

Heute beginnt die Saison 2011/2012 mit dem ersten Pflichtspiel von Hertha BSC als (neuer, alter) Erstligist. Die ersten beiden Tage der Pokalrunde haben ja schon gezeigt, was möglich ist - in Dresden gab es eines jener denkwürdigen Spiele, die immer wieder einmal in Erinnerung rufen, dass 3:0 nicht notwendige eine sichere Führung ist (Leverkusen verlor gegen Dynamo in der Verlängerung noch 3:4). Hertha tritt im Altenburger Land gegen Meuselwitz an, ich werde vor dem Fernseher dabei sein. Zum Auftakt der Saison hier drei Fragen, um das Interesse ein wenig zu strukturieren:

1) Was für ein Trainer ist Markus Babbel? Das ist ja bisher immer noch ein wenig unklar geblieben, in den Interviews und Stellungnahmen ist kaum etwas zu erkennen, was auf eingehendere taktische Auseinandersetzung oder überhaupt ein Interesse für die Entwicklung des Spiels als solches schließen lässt. Er kommt eher so herüber, als würde er seine Stärken vor allem in der (psychologischen) Personalführung haben. Die Frage ist sowieso nur dann wirklich von Interesse, wenn man erwartet, dass er in Berlin einen längeren Zeitraum definieren kann - der Hintergrund ist dabei eben immer, dass alle Clubs nach Trainern suchen, die ihnen ein Modell vermitteln können. Viele Modelle gibt es ohnehin nicht, umso wichtiger ist, dass die Identität des Clubs mit seinem Modell gut zusammenpasst. Das hat im Vorjahr in Liga eins wahrscheinlich H96 am besten geschafft, die einen diskreteren Kloppismus gespielt haben, ähnlich arbeitsintensiv, aber weniger glamourös.

2) Welches Modell passt für Hertha? Der Zukauf von Ottl und eine Reihe von Aussagen aus dem Leitungsstab deuten darauf hin, dass Babbel sein Team nicht in erster Linie als "spielendes" sieht, also nicht an ausgedehntem Ballbesitz interessiert ist. Das würde darauf hindeuten, dass Druck auf den Ball erst in der eigenen Hälfte ausgeübt wird, man also einen früher so genannten Konterfußball bevorzugen würde, wofür Ramos, Torun, Ebert, Rukavytsya und auch Lustenberger gut geeignet erscheinen. Dem steht die ungelöste Frage der Integration Raffaels gegenüber, der das Spiel selten schneller macht, und die meiner Meinung nach mäßige Qualität der Außendecker. Hertha hat, glaube ich, ein Problem der Abstimmung der Mannschaftsteile, es wäre schon modellhaft genug, wenn sich dafür Perspektiven entwickeln würde - das wird aber ganz wesentlich davon abhängen, wie Babbel mit seiner Personalmassierung im zentralen Mittelfeld umgeht.

3) Wie gut gelingt die Integration des Nachwuchses? Die Saison in Liga zwee hat einige junge Talente sichtbar werden lassen, für die heuer ein ganz wichtiges Jahr sein wird. Und für Hertha ist es auch von großer Bedeutung, ob es endlich einmal wieder gelingt, einen Nachwuchsspieler wirklich in den Bereich der Stammformation zu holen. Das ist seit Patrick Ebert nicht mehr wirklich gelungen, stattdessen wurden interessante (Schmiedebach) bis exzellente (Boateng 1 + 2) Ausgebildete verloren. Aus der Reihe Neumann, Morales, Perdedaj, Schulz, Djuricin sollte zumindest einer es schaffen, hier zu einem regelmäßigen Erstligaspieler zu werden. Dabei haben es vor allem die beiden auffälligen Begabungen Schulz und Djuricin in ihren Bereichen besonders schwer. Die Leistung von Markus Babbel wird auch an dieser (noch) Nebensache zu messen sein, denn es wird auf Dauer nicht genügen, die Jungen nur als Füllmaterial in einem Diskontkader zu beschäftigen.

In diesem Sinne bin ich gespannt, mit welcher Mannschaft es losgeht - denn in Meuselwitz beginnt auch eine Spielzeit der Selbstfindung. Hertha beginnt, in Berlin anzukommen, spielt wieder in Liga eins - nun kann sie darangehen, auch sportlich eine Identität auszubilden.

Donnerstag, Juli 28, 2011

Dankeschönspiel

Das weiße Ballett war in Berlin, Hertha hat sich in dunkelblauen Jerseys dazwischengemischt, einen Sieg von Real Madrid konnte das Team von Markus Babbel nicht verhindern. 1:3 war das Endergebnis gegen eine Weltklassemannschaft, die auch im Zustand fortgeschrittenen Jetlags noch ihre Routine auszuspielen vermochte: ein Freistoß von Ronaldo, ein paar Antritte von Benzema, das war es weitgehend.

Das Olympiastadion war voll, aber eigentümlich teilnahmslos, selbst die Ostkurve ließ es locker angehen. Und es waren natürlich auch sehr viele Fans von Real da, wie es eben so ist in einer großen Stadt, in die ein Weltclub kommt.

Coach Babbel entschied sich für ein 4-4-2 mit einigen Signalen. Erstens vertraut er anscheinend vorerst der Viererkette aus Liga zwee. Zweitens spielte Lustenberger neben Ottl, die Flügel besetzten Torun und Ebert, Ramos spielte die flexible Spitze, Lasogga den "target man". Das ging eine Weile ganz gut, da hatte ich schon den Eindruck, Real wollte sich nur irgendwie halbwegs unbeschadet durch das Spiel mogeln, während vor allem Torun auffällige Szenen hatte.

Das Führungstor von Hertha ging auf einen sehr schönen Spielzug zurück, bei dem Lustenberger vorne hineinging, auf Ebert querlegte, der überlegt verwertete. Danach hatte man aber bald den Eindruck, dass nun Hertha die Truppe wäre, die "noch nicht so weit" ist - dabei beginnt am Sonntag die Saison.

Jedenfalls wurden die interessanten Aktionen immer seltener, und Real übernahm ohne große Show das Kommando. In Hälfte zwei gab es eine siebenfache Auswechslung bei Hertha, danach war das Spiel endgültig ein Schaulaufen in gemächlichem Tempo. Viele Schlüsse kann man nicht ziehen, insgesamt wirkte die Mannschaft doch so, als könnte sie sich der Aufgabe Bundesliga halbwegs gewachsen zeigen, obwohl es doch auffiel, wie sehr nach gutem Beginn schon bald die Konzentration zu schwinden begann.

Ottl konnte nicht zeigen, dass er spielführend werden wird; die Viererkette schlug sich wacker, wurde aber zunehmend fehleranfälliger. Ich will aber lieber noch eine positive Hervorhebung machen: Alfredo Morales spielte eine halbe Stunde für Lell, und schlug sich gegen Ronaldo ganz hervorragend.

Das "Dankeschönspiel" (Thomas Kraft) für die Fans, die in Liga zwee so gut mitgingen, erschien jedenfalls diesen Fans fast eine Nummer zu groß(spurig), man hat den Eindruck, sie werden sich erst gegen Nürnberg, also im Ligaalltag, wieder so richtig engagieren können. Das verstehe ich gut, denn leicht irreal war das dann doch alles beim Besuch des weißen Balletts.

Montag, Juli 25, 2011

Realismus und Bavarei

In zwei Tagen werden wir endlich sehen, was es mit Hertha 2011 auf sich hat. Das Freundschaftsspiel gegen Real Madrid wird zwar nicht über den Klassenerhalt in der Bundesliga entscheiden, aber wir können davon ausgehen, dass Coach Babbel ein paar Hinweise auf die Startformation der ersten Wochen geben wird.

Und es wird zumindest Indizien dafür geben, ob das in den vergangenen Wochen nun eine "mittelprächtige Vorbereitung" (Der Tagesspiegel) war, oder ob Hertha "schlapp, nicht eingespielt, ohne Spielwitz" (Berliner Kurier) daraus hervorgegangen ist, wogegen man gleich wieder den Tagesspiegel einwenden könnte, der wenigstens vom "besten Teamgeist aller Zeiten" spricht.

Die B.Z. will von ihren erbsubstantiellen Ergebenheitsadressen nach Süden nicht lassen und hat Kraft, Lell und Ottl zum Konklave geladen, aus dem erwartungsgemäß wenig hervorgeht. Das Gesamtbild ist also so uneinheitlich, wie es nicht anders sein kann nach Testspielen wie dem gegen Sigma Olmütz (Endstand: 2:2, Torschützen: Friend, Lasogga).

Arsenal hat am Wochenende in Köln eine Exhibition gespielt, die zumindest in der ersten Halbzeit interessant war. Gervinho, Wilshere, Miayichi wirkten schon recht präsent, die Defensive hingegen war über 90 Minuten ein Drama und verheißt in allen derzeit absehbaren Konstellationen nichts Gutes.

Was ich für diese Woche erwarte: Ein Türl von Bär-Michel Lasogga gegen Real Madrid, ein Ende der Transfersaga Fabregas, und am Sonntag das erste Pflichtspiel auf dem Weg zum von Coach Babbel angesagten Triumph im DFB-Pokal - in Meuselwitz. Ich liebe den Geruch von Fußball am frühen Morgen.

Sonntag, Juli 17, 2011

Starke Steigung

In Wick im hohen Norden Schottlands habe ich einen Fußballplatz gesehen und fotografiert, der wie eine Veranschaulichung des englischen Begriffs "uphill struggle" erscheint. Man kann ihn immer dann verwenden, wenn es um eine Herausforderung geht, die mit ungleichen Chancen verbunden ist - zum Beispiel um eine Rückrunde nach sechs Punkten aus der Hinrunde.

Oder ganz buchstäblich eine Halbzeit, in der einem der Ball immer entgegenrollt, wie es der Wick Academy F.C. also wöchentlich erlebt. Auf der langen und großartigen Zugfahrt von Wick nach Inverness hatte ich dann ständig das Gefühl, es ginge bergab, und zwar gewissermaßen den Globus hinunter, was natürlich nur eine Täuschung ist.

Am Samstagabend bin ich nach Glasgow zurückgekommen, von wo ich morgen heim nach Berlin fliegen werde. Am Abend habe ich in einem spanischen Stream noch Adrián Ramos dabei zugesehen, wie er mit Kolumbien gegen Peru um den Einzug in das Halbfinale der Copa América 2011 gespielt hat. BP werden aufgeatmet haben, nachdem Peru sich in der Verlängerung mit 2:0 durchsetzte.

Ramos wurde eine Viertelstunde vor Ende des Spiels gegen den EPL-Profi Rodallega ausgetauscht, der bei Wigan Athetlic spielt und von der TM-Seite mit 7,5 Millionen Euro beziffert wird, was in dem überhitzten Markt in England einen Verkehrswert von bis zu 17 Millionen Euro bedeuten kann. Nimmt man dann noch die 15 Millionen Euro, die Hertha oder zumindest die Berliner Tabloiden für Ramos in die Bücher schreiben, dann war das schon eine hochkarätige Auswechslung, die aber eher kontraproduktiv war.

Nicht, dass Ramos so brillant gespielt hätte, das ganze Match war eine fahrige Sache und hatte wenig Niveau. Aber bis zu diesem Zeitpunkt war Kolumbien doch zumindest die aktivere Mannschaft, und wäre der mit 25 Mille bezifferte Falcao nicht gestern ständig wie die Karikatur eines Mittelstürmers aufgetreten (meistens im Abseits), dann wäre Ramos wohl noch im Turnier.

Es wäre natürlich wünschenswert, dass der Weltfußball die Austragungstermine seiner Copas vereinheitlicht - aber das würde am Ende noch dazu führen, dass wir irgendwann drei oder gar vier Spielabschnitte haben, wie es die FIFA für Katar 2022 ja schon angedacht hat. Denn irgendwo ist es immer sehr heiß, wenn es anderswo angenehm kühl ist.

So wird es wohl noch eine Weile bei den saisonal antizyklischen, leicht unwirklichen Bildern aus fernen Ländern bleiben, auf denen wir gelegentlich Spieler sehen, die wir aus anderen, vertrauteren Zusammenhängen kennen - in die Ramos wohl nun bald zurückkommen wird müssen. Eine Woche Urlaub sollten BP ihm aber wohl doch noch gönnen.

Freitag, Juli 15, 2011

Marxelinho bei den Kelten

Von meiner kleinen Tour durch Schottland zwischendurch diese Impression: ein Fanshop von Celtic Glasgow in Inverness, der kleinen Stadt unweit des berühmten Loch Ness. Alles muß raus, das ist die Devise dieser Läden im Sommer, wenn schon die neuen Jerseys veröffentlicht sind, aber die vom alten Jahr noch auf den Haken hängen: Summer Clearance. Ich bin über Glasgow und Aberdeen hierhergekommen, und nun, da ich ausnahmsweise in einem Hotel mit freiem Wlan bin (meistens verweisen sie einen hier auf die teuren Zeitkontingente der britischen Telekomriesen), hat mich doch interessiert, ob Hertha schon einmal gegen ein schottisches Team gespielt hat.

Ich habe da nämlich eine dunkle Erinnerung, und sieh an, die Datenbanken ergeben, dass es am 1. Oktober 2002 ein Heimspiel gegen den FC Aberdeen gab, das ein gewisser Michael Preetz mit einem Tor in der 89. Minuten mit 1:0 für Hertha entschied. Nur so zum (nostalgischen) Spaß hier noch die Mannschaftsaufstellung von damals: Kiraly. Rehmer, Friedrich, van Burik, Hartmann. Roberto Pinto, Marx, Marcelinho, Goor, Neuendorf. Luizao.

Ich glaube nicht, dass ich damals im Stadion war, das war genau die Phase des Übergangs, in der ich gerade erst begann, intensiver und zunehmend live an Hertha Anteil zu nehmen. Ein Rückspiel gab es auch, zwei Wochen davor, in Aberdeen, das endete torlos. Wer war damals Trainer? Genau: Huub Stevens.

Zwei Runden später schaffte Hertha in Craven Cottage beim FC Fulham mit Ach und Krach ein Nullzunull, an das ich mich (im Fernsehen) noch sehr konkret erinnere, es reichte zum Weiterkommen in Uefacup dieser Saison. Im Achtelfinale kam dann das Aus gegen Boavista Porto. Die Angriffsformation in jenem Februar: Alex Alves und Michael Preetz. Diese kleine Abschweifung hat es mir erlaubt, sogar von dieser Reise, die keinerlei Fußball-Kontext hat, noch auf Hertha zu kommen.

Dienstag, Juli 12, 2011

Schweizer Käse

Hertha hat in drei Vorbereitungsspielen in der Schweiz dreimal verloren und dabei eine Menge Gegentreffer kassiert. Schlüsse sind daraus im Moment keine zu ziehen, abgesehen von dem einen, dass Schlüsse irgendwann zu ziehen sein werden. Noch ist der Kader ja auch nicht ganz komplett, wie es momentan aussieht, könnte Ramos beim Amerikacup noch eine ganze Weile zu tun haben. Die Problemzonen, die entdeckt wurden, waren vorher schon da: links hinten, zentral defensiv.

Der FC Arsenal tourt durch Asien, ist dabei allerdings "Fab-less", weil Kapitän Fabregas in London geblieben ist - dass sein Transfer abzuwenden sei, will Arsène Wenger glauben machen, der aber natürlich gute Gründe hat, so zu tun, als wäre Arsenal kein "feeder club".

Ich werde diese Woche pausieren, eine kleine Reise nach Schottland: Glasgow - Aberdeen - Inverness. Und danach ist die erste Begegnung von Wert ja schon beinahe zu riechen: Real Madrid im Olympiastadion. Nach Lübars würde ich gern auch wieder fahren, aber von einem Auftreten Herthas beim assoziierten Club im Norden der Stadt habe ich bisher nichts gelesen.

Samstag, Juli 09, 2011

Toter Punkt

Vom Hertha-Testspiel gegen Young Boys Bern gab es in der ganzen weiten Welt des Datenverkehrs keinen Stream. Wir müssen uns also mit den Berichten der Printmedien begnügen (und, solange der Link funktioniert, diesen Videobildern), deren Tenor ohnehin recht einhellig ist: Es war ein Spiel mit beschränkter Aussagekraft, in dem sich die Mannschaft durchsetzte, die in der Vorbereitung drei Wochen weiter ist.

Nicht ganz ohne Aussagekraft ist immerhin die Aufstellung, zumal Coach Babbel durchspielen ließ: Kraft. Morales-Franz-Mijatovic-Ronny. Ottl-Niemeyer-Ebert-Torun. Raffael-Lasogga. Das klingt ja doch bis auf, sagen wir, zwo, dro Namen schon nach "Stammelf" minus Hubnik, Ramos, Lell.

Einer der Abwesenden machte gestern von gestern auf andere Weise von sich hören: Adrian Ramos hat seinen Vertrag zu verbesserten Bedingungen bis 2015 verlängert. Das ist eine interessante Nachricht angesichts der Tatsache, dass der Kolumbianer gerade noch bei der Copa América im Einsatz ist (Sonntagabend 21.00 Kolumbien gegen Bolivien), und dass er eine Nervensäge als Berater hat. Von einer Ausstiegsklausel war nichts zu hören, würde mich aber nicht wundern, wenn da noch etwas Zusätzliches vereinbart worden wäre, von dem Manager Preetz momentan mit Bedacht nicht spricht.

Das ist jedenfalls eine gute Nachricht mitten in eine Phase der Vorbereitung, die gemeinhin als die "schmerzensreiche" bezeichnet wird, und zu der sich der Trainer mit einem charakteristischen Statement geäußert hat: "Manchmal ist die Wissenschaft egal. Da musst du lernen, über den toten Punkt zu gehen, den inneren Schweinehund zu überwinden." Das ist Babbel pur, im Zweifelsfall zapft er das an, woüber es keine Seminararbeiten gibt, sondern nur Gemeinplätze.

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Bericht, den ich heute im Guardian über das Trainingslager der Wolverhampton Wonderers gefunden habe - dort wird im Detail beschrieben, wie wissenschaftlich bei einem mittleren Club der EPL gearbeitet wird. Besonders interessant finde ich, was man mit GPS und Herzfrequenzmessung machen kann. Die Spieler sind ja nun in einer Weise "durchsichtig" geworden, die sie fast schon zu Biomaschinen werden lässt.

Auch wenn die Hertha-Korrespondenten aus Oberstaufen so detailliert und reflektiert dann doch nicht berichten, konnte man aus der Ferne doch den vagen Eindruck gewinnen, dass die Konditionsarbeit (oder sagen wir besser: Grundlagenarbeit) bei Hertha an Professionalität gewonnen hat. Das Baumstämmewerfen, bei dem Abu Bakarr Kargbo am weitesten und Alfredo Morales am kürzesten warf, fällt unter Späßchen, resultierende Bauchmuskelzerrungen wurden nicht bekannt.

Mittwoch, Juli 06, 2011

Linker Außendecker

In meiner kurzen und mäßig erfolgreichen Karriere als Fußballspieler, die mit dem Schulwechsel nach Linz im Alter von 13 Jahren endete und immer im Schatten meines größeren, begabteren, jüngeren Bruders stand, versah ich in der Regel meinen Dienst auf einer Position, auf der ganz Europa nach Personal zu suchen scheint: Ich war linker Außendecker, wie man das damals beim SV Windischgarsten nannte, wo man um diese Zeit natürlich noch die klassische Defensivraute mit Stopper und Vorstopper spielte (wir sprechen hier über die Jahre von Beckenbauer und Passarella).

Ich komme auf dieses biographische Detail zu sprechen, weil Real Madrid gerade Fabio Coentrao verpflichtet hat, und Manchester City Gael Clichy vom FC Arsenal abgeworben hat. Das sind zwei markante Bewegungen, zumal Coentrao ja bei vielen Clubs immer wieder im Gespräch war, vor allem beim FCB. Nun trifft er bei Real auf einen der besten linken Offensivverteidiger des letzten Jahres, auf Marcelo.

Dass Arsenal gegen Clichys Absetzbewegung keinen großen Widerstand geleistet hat, begrüße ich. Ich habe ihn immer gemocht, gerade letztes Jahre wurden seine Grenzen aber auch sehr deutlich - er kann eigentlich nicht flanken, ist überhaupt nicht torgefährlich, und sein Stellungsspiel hat auch sehr nachgelassen. Bleibt als einziger positiver Faktor seine Dynamik. Offen ist nun aber, ob Arsenal an seiner Stelle jemand einkaufen, oder hausintern nachbesetzen soll.

Kieran Gibbs ist offiziell die Zweitbesetzung, Vermaelen kann das notfalls auch spielen, und vielleicht holt Wenger ja sogar den zu Juve entlehnten Armand Traoré (Bild) zurück, was ich sehr begrüßen würde. Der Franzose, der national für Senegal spielt, hat vielleicht am ehesten das Zeug und die Einstellung, aus dieser Aufgabe etwas zu machen. Er kann auch offensives Mittelfed spielen, im Grunde ist er für Arsenal das, was Shervin Radjabali-Fardi für Hertha war - nur mit dem Unterschied, dass Traoré vielleicht noch eine Chance bekommt.

Bei Hertha gibt es drei Aspiranten auf die Position links hinten: den Routinier Kobiashvili, die "wild card" Ronny und den jungen Nico Schulz. Der Manager hat dieser Tage jedenfalls Ronny schon einmal ausdrücklich angespornt, indem er ihn namentlich hervorgehoben hat: Er "besitzt großartige Möglichkeiten. Er muss jetzt schnell konstant sein Leistungsvermögen abrufen und zeigen. Dann kann aus ihm ein starker Erstligaspieler werden."

Das wäre doch sehr zu wünschen bei einem Verein, der auf dieser Position bisher folgende jüngere Erstliga-Tradition vorzuweisen hat: Hartmann - Fathi - Pejcinovic - Kobiashvili. Luft nach oben, oder nicht?

Sonntag, Juli 03, 2011

Team Hertha

Das Trainingslager in Oberstaufen hat begonnen, zur Einstimmung noch eine kleine "Lektüre" des Mannschaftsfotos. Erstens zeigt Thomas Kraft mit Signaljersey, dass er nicht einfach einer von drei Keepern sein will, sondern primus inter keineswegs pares - es ist meines Erachtens nur eine Reverenz an die Aufstiegshelden, dass Babbel ihm noch nicht den Status der offiziellen Nummer eins bescheinigen will. Alles andere aber wäre eine absolute Überraschung. Offener ist das Rennen zwischen Franz und Mijatovic, auch da sehe ich einen klaren Favoriten, allerdings hat Babbel jetzt schon bestimmt, dass der Kapitän aus Liga zwee auch der Kapitän in der ersten Liga sein soll. Läuft das also auf einen "non-playing captain" hinaus? Da werden die Berliner Tabloiden noch manche Geschichte draus machen können.

Zweitens gibt es neue Gesichter aus den eigenen Nachwuchsreihen: Abu Bakarr Kargbo, geboren in Sierra Leone, wird in diesem Jahr erst 19 Jahre alt, und gilt doch schon als große Offensivhoffnung. Ich habe ihn bisher auf mehreren Positionen gesehen, sowohl zentral wie Lasogga als auch auf den Flügeln - bin schon gespannt, ob er es in diesem Jahr schon irgendwann in den Kader schafft. Außerdem John Anthony Brooks, Innenverteidiger, zwei Jahre jünger und fünf Zentimeter größer als Sebastian Neumann, mit dem in Konkurrenz er sich vielleicht in einem Jahr schon um die Mijatovic-Nachfolge bewerben wird.

Dazu als die schon "etablierten" Jungen Djuricin, Schulz und Perdedaj und zwischen diesen beiden Generationen der schwer einschätzbare Alfredo Morales. Es wird eine große Herausforderung für BP werden, diesen Talenten bei dem großen Kader (ich zähle 25 Mann, es fehlen Ramos, Friend und Kaká, der aber abgegeben werden soll, wie eventuell auch noch Janker, denke ich) trotzdem eine Perspektive zu zeigen.

Insgesamt ist das ein Angebot, in dem durchaus "Phantasie" steckt, wie das die Börsenleute nennen. Es gibt Spieler, die zähle ich persönlich eher zur Systemerhaltung, und dann solche, von denen ich mir mehr erwarte - wenn diesbezüglich die Balance gewahrt bleibt, macht das Fanleben auch dann Spaß, wenn nicht jedes Spiel gewonnen wird.

Freitag, Juli 01, 2011

Verlorene Söhne

Hertha hat gestern schon das Mannschaftsfoto für die neue Saison gemacht, man kann beruhigt ins Trainingslager fahren. Ganz anders sieht die Sache bei meinem anderen Lieblingsclub aus, beim Arsenal FC, der nach massiv beunruhigendem Saisonabschluss eigentlich gute Gründe hätte, ein paar grundsätzliche Umbauten vorzunehmen. Doch bisher ist nichts passiert, während die unmittelbare Konkurrenz bereits groß investiert hat (MeanU allein hat für Phil Jones, Ashley Young und David de Gea schon 57 Millionen Euro ausgegeben).

An einer Stelle gibt es zwischen Hertha und Arsenal sogar einen Zusammenhang, denn ganz ausgeschlossen ist es noch nicht, dass Christopher Samba von Blackburn nach London wechseln könnte (ein Transfer, den ich nicht nur aus sentimentalen Gründen sehr begrüßen würde). Doch wie schon in den Jahren zuvor wartet Arsène Wenger ab.

Das kann nicht nur daran liegen, dass die Personalie Fabregas noch zu klären ist - niemand zweifelt seriös daran, dass es eine Einigung mit Barcelona geben wird und der verlorene Sohn der Katalanen heimkehren wird. Meiner Einschätzung nach war der Abschied seit der "Verletzung" klar, die Fabregas die letzten vier Spiele nach der peinlichen Niederlage gegen Bolton offiziell hatte - ich würde nur zu gern wissen, was in diesen Wochen intern vor sich ging, es hat auf jeden Fall die Mannschaft und deren Zusammenhalt deutlich erschüttert.

Nun steht aber nicht nur der Abgang von Fabregas bevor, sondern auch der von Gael Clichy (dem letzten derer, die schon 2004 dabei waren, als Arsenal mit den "Invincibles" Meister wurden), und möglicherweise der von Samir Nasri, um den MeanU und Moneybags City noch nicht offiziell bieten, um den aber zumindest so viel Gerede ist, dass Arsenal eigentlich allmählich ein Zeichen setzen sollte.

Das kann nur die eine oder andere Verpflichtung sein, die es einem Toptalent wie Nasri plausibel macht, dass Arsenal im kommenden Jahr überhaupt eine Chance haben wird, um die CL mitzuspielen - man darf dabei nicht vergessen, dass auch Liverpool kräftig investiert (und zudem in der zweiten Halbsaison schon deutliche Fortschritte nach der Depressionsära unter dem späten Benítez und Hodgson gemacht hat), dass Chelsea einen vielversprechenden neuen Trainer hat (André Villas-Boas vom FC Porto), dass ManCity einen proppenvollen Kader hat (und trotzdem Jerome Boateng noch nicht an den FCB herausrücken will).

Arsenal wird im Juli mindestens vier Dinge zu klären haben. Erstens die Torhüterfrage. Für meine Begriffe ist Wojciech Szeszcny ein guter erster Keeper, der allerdings bei der Spieleröffnung und beim "decision making" noch Erfahrung hinzugewinnen muss. Es ist aber nicht ganz ausgeschlossen, dass Wenger noch einen Routinier holen wird, und dann ist dann ja auch noch Lukasz Fabianski, den ich vor einem Jahr als absolut ungeeignet eingeschätzt habe, der aber während der Saison eine Reihe von höchst kompetenten Spielen gemacht hat, bevor ihn eine Verletzung zu einer langen Pause zwang.

Zweitens muss Arsenal eine defensive Ordnung finden. In der Viererkette ist bis auf Sagna momentan keine Position wirklich souverän besetzt. Djourou hatte eine interessante, aber keineswegs beständige Saison. Koscielny ist ein toller Spieler, dem ich eigentlich das Vertrauen aussprechen würde; ob Vermaelen zu alter Autorität zurückfinden wird nach einem Jahr Pause, ist unklar; und links will Wenger anscheinend Kieran Gibbs an die Stelle von Clichy stellen. Meine Konstellation sähe so aus: Vermaelen (Gibbs) - Samba (Gary Cahill) - Koscielny (Djourou) - Sagna (Jenkinson/Eboue). Das heißt, Wenger sollte Gary Cahill und Samba kaufen.

Drittens bedarf es einer Lösung für die Offensivformation, die bisher stark von der Position von Fabregas geprägt war, der eine 10 mit großem Aktionsradius spielte (abgesichert von dem defensiv aggressiveren Wilshere und dem Sechser Song). Wenger könnte das so belassen und einfach Nasri diese Position zuteilen, dazu müsste er ihn aber halten. Arshavin war auch nie besser als zentral hinter der Spitze, wo er bei Arsenal aber fast nie zum Einsatz kam. Die Frage wird dadurch komplizierter, dass van Persie eigentlich hinter einem zentralen Stürmer effektiver ist, was aber nur bei einem 4-4-2 ginge, einer Formation seligen Andenkens (Flamini-Fabregas 2006).

Viertens muss Wenger die Qualität seiner zweiten Garde hinterfragen. Bendtner, Denilson, Abou Diaby, Squillaci, Eboue, auch (mit Einschränkungen) Ramsey und Chamakh haben in der zweiten Saisonhälfte nicht überzeugt, das hat auch mit uneindeutigen positionellen Aufgaben zu tun. Es wird nicht ohne einen größeren Umbruch gehen, der Trainer ist angezählt ("In Arsène we rust"), nun sieht er sich auch vor dem Verlust zentraler Spieler. Die nächsten Wochen des Arsenal FC werden spannend.