Mittwoch, Mai 11, 2011

Gentechnik

Mit der Verpflichtung von Thomas Kraft ist Hertha fast so etwas wie ein Coup gelungen. Er hatte beim FC Bayern nach seiner abrupten Beförderung den einen oder anderen blöden Moment, aber doch überwiegend gezeigt, dass er ein Toptalent ist und anscheinend auch eine Persönlichkeit, die diesem schwierigen Beruf gewachsen ist. Dass er nun die Nummer eins sein wird, passt zu der neuen Talentepolitik bei Hertha, und aller Voraussicht nach auch sportlich.

Leider wird uns nun auch für eine ganze Weile das blöde Gerede vom Bayern-Gen verfolgen, das Hertha sich "einpflanzt" durch Beschäftigung von Spielern wie Lell, Kraft und möglicherweise auch noch Ottl. An dieser Rede sind zwei Sachen verkehrt. Erstens ist das Bayern-Gen in seiner Wirkung nicht eindeutig definiert, allzu oft führt es doch auch dazu, dass eine von sich sozusagen erbsubstanziell überzeugte Mannschaft unter ihren (finanziellen, infrastrukturellen, personellen) Möglichkeiten spielt - es gibt nun einmal kein naturwüchsiges Recht auf Sieg, was es aber gibt, sind Spieler oder Mannschaften, die einen besonderen Draht zum Erfolg zu haben scheinen.

Davon kann beim FCB eigentlich keine Rede sein, seit Jahren bleiben die sportlichen Ergebnisse weit hinter den Standortbedingungen des Clubs zurück, der ja von seinen Möglichkeiten her alle Jahre im Halbfinale der CL stehen müsste. Den Nimbus trägt der FCB in einer Mischung aus Arroganz und Verlegenheit vor sich her, so richtig souverän damit umzugehen wissen sie nicht.

Zweitens kauft Hertha ja Spieler, die das Bayern-Gen gar nicht haben, sonst wären sie noch dort und hätten sich durchgesetzt. Lell wäre am FCB fast zerbrochen, Ottl hatte seine einzige brauchbare Phase bei Nürnberg, und Kraft steht hoffentlich erst am Anfang seiner Karriere.

Bleibt der Coach, bleibt Markus Babbel, von dem für mich vor allem zählt, dass er beim FC Liverpool gespielt hat, der eine ganze andere Beziehung zum Erfolg und zum Scheitern hat, eine, in der es nicht auf Erbmaterial ankommt, sondern auf Ethos. Das ist der Faktor, auf den es für Hertha in der neuen Saison ankommen wird, und daran wird auch zu messen sein, ob ein Ottl das zentrale Mittelfeld noch einmal so aufwerten kann, dass man Perdedaj (und wohl auch Lustenberger) die Entwicklung verbaut.

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