Sonntag, September 26, 2010

Sackhüpfen

Arsenal hat gestern im Emirates Stadium 2:3 gegen Westbromwich Albion verloren, und das war mehr als nur eine überraschende Niederlage - vielfach wird das als die frühe Ernüchterung gesehen, die aus einem Meisterschaftskandidaten wieder den Talenthaufen macht, aus dem nie wieder eine große Mannschaft hervorgehen wird.

Man muss zweieinhalb Jahre zurückgehen, um die Vorgeschichte dieser Niederlage zu begreifen. Im Januar 2008 spielte Arsenal im Carling Cup bei Tottenham Hotspur und verlor mit 1:5. Auch wenn dies nur den drittwichtigsten englischen Bewerb betraf, wurde das kleine Debakel doch als richtungsweisend empfunden, und Arsenal - zu diesem Zeitpunkt in der PL punktgleich mit MeanU auf Platz 2 - beendete das Jahr tatsächlich "nur" auf Platz 3. Reifetest wieder einmal nicht bestanden.

Am vergangenen Dienstag trat Arsenal wieder im Carling Cup bei Tottenham an, dieses Mal stellte Arsène Wenger eine ziemlich starke Elf auf und sah einen nach Verlängerung begeisternden 4:1-Sieg - wie gesagt, im drittwichtigsten Bewerb. Der symbolisch wichtige Triumph gegen die "fiercest rivals" erwies sich als kostspielig, denn gegen Westbrom war die Mannschaft gestern schwach, und am Ende waren zwei entscheidende Spieler schwer beschädigt.

Der Torhüter Manuel Almunia, dem Wenger bis zum Ende der Transferperiode das Misstrauen ausgesprochen hatte, indem er sich halbherzig, aber offen um Mark Schwarzer von Fulham bemüht hatte, sah bei zwei Toren schlecht aus, und wird nun nach starken Saisonbeginn wieder als Schwachpunkt betrachtet werden. (In diesem Zusammenhang fast wichtiger noch ist, dass Wenger mit Fabianski stur an einem nicht konkurrenzfähigen zweiten Tormann festhält.)

Der zweite ramponierte Spieler ist Laurent Koscielny, der mit brillanten Leistungen in die Saison gestartet war, gestern aber zum Opfer einer generellen Problematik wurde: Die ehemals großen Fullbacks von Arsenal, Clichy und Sagna, sind nicht mehr ganz auf der Höhe von einst. Dazu kommen ein seit Wochen schwacher Arshavin, der auf links defensiv auch viele Lücken lässt, ein wieder einmal unkonzentrierter Abou Diaby im Mittelfeld, ein vazierender Ebouè, und schon ist der momentan grandiose Samir Nasri weitgehend auf sich allein gestellt.

Westbrom bot gestern das, was Mainz in der Bundesliga zeigt - perfektes Pressing, geschicktes Laufen, freche Pässe, eiskalten Abschluss. Am Ende hüpften die "Baggies" jubelnd über das Feld. In der PL sieht man noch viel deutlicher, was auch in der Liga deutlich ist: Mittlere Mannschafte mit kompetenten Trainern stellen die großen Teams Woche für Woche vor enorme Herausforderungen. Sunderland, Birmingham, Westbrom sind momentan in England die "upsetters", auch Bolton schließt auf. Vor ein paar Jahren hätte man das noch Konzeptfußball genannt, der Begriff hätte sich sicher nicht so schnell verschlissen, wäre er nicht damals mit Uwe Rapolder und Bielefeld in Verbindung gestanden.

Gewinner der Runde in England ist nun Manchester City, die Chelsea mit einer kühlen Performance die Luft ausließen, ein Konter genügte Tevez zum entscheidenden Tor. Und das alles musste ich mir gestern auch noch zu dem oberflächlichen Geschwätz der deutschen Kommentatoren anhören, weil Sky ohne Angabe von Gründen den englischen Kommentar aus dem World Feed abgeschaltet hat, angeblich nur an diesem Wochenende, aber in der gewohnten Kundenfeindlichkeit ohne Angabe von Gründen und ohne Ausdruck des Bedauerns.

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