Samstag, September 18, 2010

Ostgut

Das Berliner Derby habe ich noch in Toronto gesehen, kurz vor dem Rückflug, in einem Stream, der ausreichend Eindrücke gab, um das 1:1 ein wenig einordnen zu können. Ein schnelles Tor, wie es Niemeyer in diesem Fall gleich nach Spielbeginn per Kopf erzielte, reicht eben nicht, es müssen schon mindestens zwei sein, und dann sollte der Gegner auch noch nach Möglichkeit so devot sein wie die Bielefelder Arminia neulich.

Bei Union war das anders, sie waren motiviert, und sie ließen sich von der Hertha ins Spiel bitten, weil diese sich zunehmend empfahl - sie wollte mit diesem Derby nach dem Führungstreffer nicht mehr ganz so viel zu tun haben wie der Gegner. Das ergab schließlich in Summe 36 Prozent Ballbesitz und einen späten Ausgleichstreffer nach dem gefühlten zwanzigsten weitgehend unbehinderten Distanzschuss.

Woran haperte es? Coach Babbel änderte zur Halbzeit das System und brachte Perdedaj für Raffael, das war ein richtiger Gedanke, doch personell halte ich ihn für verkehrt - dass Domovchyiski besser gewesen wäre als der Brasilianer, ist mir nicht aufgefallen, und dass der Trainer sich ausgerechnet Raffael nun schon mehrmals zu öffentlichen Disziplinierungen ausgesucht hat (denn dieser Wechsel zur Pause gestern war auch wieder eine), zeugt von riskanter Psychologie.

Raffael ist eigentlich ein Typ, der anders zu motivieren ist, zumindest konnte das in der Abstiegssaison so erscheinen: Er lässt sich nicht unter Druck setzen, er lässt sich aber in die Verantwortung nehmen. Man muss ihn überzeugen, aber auch (positiv) privilegieren. Babbel aber privilegiert ihn negativ. Ich bin jedenfalls gespannt, ob der Coach und sein bester Spieler diese kleine Privatfehde, die es nun ja bald ist, wieder in den Griff kriegen.

Als es in der zweiten Halbzeit darum ging, gegen den zunehmenden Druck der Union wieder ein wenig Struktur ins Spiel zu bringen, war Domo jedenfalls auch nicht der Mann dafür, und der besonders schwache Ramos spielte sogar durch. Der schöne Sieg gegen Bielefeld war wohl doch eher trügerisch - die Hertha 2010 in Liga zwee hat spielerisch durchaus ihre Probleme, oder sagen wir es so: sie schafft es nicht immer, so richtig als Mannschaft aufzutreten. Das Personal ist da, aber es fehlt noch so etwas wie eine Struktur, eine Gruppendynamik, die von jemand ausgehen müsste - aber von wem? Das wird Babbel herausarbeiten müssen.

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