Sonntag, Dezember 30, 2007

Hässlicher Sieg

Arsenal wird als Tabellenführer der Premier League ins neue Jahr gehen. Voraussetzung war die Niederlage von Manchester United gestern bei West Ham United, und ein 4:1 im Goodison Park gegen Everton. So klar dieses Ergebnis aussieht, so wenig entspricht es den Gegebenheiten. In der ersten Halbzeit war Arsenal beschämend schwach, erst nach der Pause konnte Eduardo mit zwei Treffern, die ziemlich aus heiterem Himmel fielen, die Wende einleiten. Simon schrieb gleich eine Textnachricht: "Einer wie Torres". Eduardo ist ähnlich eiskalt vor dem Tor, er muss nur die Gelegenheit bekommen, sich dorthin durchzuspielen, er braucht also einen Ball in den Fuß. Arsène Wenger ließ nach dem öden 0:0 in Portsmouth am Boxing Day einige Spieler pausieren: Eboué, Rosicky, Adebayor. Stattdessen spielte Abou Diaby auf links, mit Bendtner und Eduardo war zum ersten Mal wieder eine Doppelspitze nominiert. Wenn Arsenal aus der Stadt hinaus muss, in eine der kalten Städte der Insel wie Middlesbrough, Birmingham oder gestern eben Liverpool, dann wird das in England immer als Männlichkeitstest für ein Team mit Flair, aber Testosteronmangel begriffen. Inzwischen scheinen die Buben das selber so zu sehen. Gestern wurde kaum gespielt, stattdessen setzte Arsenal sich irgendwie durch. Der von mir geschätzte Abou Diaby bot eine besonders naive und inferiore Leistung, aber auch der große Fabregas fiel in erster Linie durch Agitation und Dramatik auf - eine rote Karte gegen Arteta "erspielte" Fabregas, nachdem ihn der Unterarm des Gegners im Gesicht getroffen hatte, durch eine Sterbeszene wie aus Winnetou III. Ich bin natürlich, wie die meisten Kommentatoren, von diesem Adoleszenzepos fasziniert: Gestern gab es eine Szene, in der Fabregas und Flamini wie zwei Halbstarke auf Cahill losgingen (der vor dem Spiel ein wenig gestichelt hatte und seit Wochen in guter Form ist) - dich kriegen wir noch, war die Botschaft. Da führten sie schon 3:1, und wähnten sich sicher. "Winning ugly", ist der englische Fachausdruck, "hässlich gewinnen". Schon nach dem Sieg gegen Chelsea machte das Wort die Runde. Arsenal hat früh in der Saison einige grandios elegante Siege erspielt, seit einigen Wochen aber sind sie die "colossal youth", halb Monster, halb Memme, schon beinahe durchschaut, aber immer noch einschüchternd. Tolle Saga.

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