Dienstag, Mai 15, 2007

Identifikation

Kurz nach 23.oo habe ich gestern die Mitgliederversammlung verlassen. Meine Stimmen für die Wahl zum Beteiligungsausschuss habe ich noch abgegeben, den zweiten Teil der freien Aussprache habe ich ausgelassen. Die Mitglieder haben es Manager Hoeneß gestern leicht gemacht. Sie haben sich auf Dinge konzentriert, deren emotionale Bedeutung ich verstehe, die aber letztendlich ein sentimentaler Protest gegen den modernen Fußball insgesamt sind. Es gab viele Wortmeldungen in der Sache Andreas "Zecke" Neuendorf. Sein Vertrag wird nicht verlängert, da bin ich voll dafür, denn er ist als Fußballer schon lange wertlos für die Hertha, da kann er noch so eine "Identifikationsfigur" sein. Und das war das große Wort gestern: "Identifikation". Die Fans begreifen nicht, dass Identifikation immer vor allem die haben, die sie anderswo nicht unterbringen. Kevin-Prince Boateng, der gestern der Buhmann der Fans war, identifiziert sich in erster Linie mit sich selbst - er wird sich in der Zukunft mit Hertha nur dann identifizieren (und in weiterer Folge "der Arsch aufreißen"), wenn sie ihm dafür ein Umfeld bietet, also erfolgreich ist. Gleiches gilt für Yildiray Bastürk. Die Fans aber tun so, als wäre Identifikation so etwas wie eine Einstellungsvoraussetzung, danach kann man über Geld und sportliche Perspektiven reden. Das ist naiv, und führt zu einer Mannschaft von Minderleistern, die sich überidentifizieren. Ich weiß, dass man gerne ein Team aus vertrauten Spielern hätte, die auch in die Kurve kommen und gelegentlich ein Softgetränk mit den Fans nehmen. "Zecke" ist dafür der ideale Mann, nicht aber für eine moderne Fußballmannschaft. Das Fatale an der diesjährigen Saison ist, dass die Hertha sie mit einem Projekt begann, das sehr wohl Identifikation stiftete: Die Berliner Jungs (Boateng, Ebert, Ede, Dejagah, ...) sollten in die Mannschaft wachsen. Und gerade das ist schief gegangen, Coach Götz und auch Coach Heine haben willkürlich mit ihnen herumgeschoben, niemals war eine Entwicklungslinie erkennbar (allein, was Ebert in diesem Jahr an Zurücksetzungen nach hoffnungsvollen Ansätzen einstecken musste), jetzt zerfällt das Projekt, und die Identifikation, und die Hertha muss von weit unten wieder von vorn anfangen. Erster Schritt: ein identifizierbarer (moderner!) Trainer.

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