Sonntag, April 01, 2007

Nürnberg

So ist das im Fußball: Wenn man sich eine halbe Saison lang in die Tasche lügt, kann man dann, wenn es schwierig wird, nicht mehr bluffen. Die Hertha hat den ganzen Herbst hindurch mittelmäßig gespielt, stand aber vor Weihnachten auf Platz 5 und wähnte sich bereit zum Angriff. Dann wurde Christopher Samba verkauft, und Mineiro eingekauft, der gegen Hamburg in der letzten Spielminute einen schönen Weitschuss zum bislang letzten Sieg der Hertha einsandte. Seither geht es bergab, das Auswärtsspiel gegen Nürnberg gestern wurde mit 1:2 zwar nur knapp verloren, die Niederlage wurde aber mit jedem Mannschaftsteil sauer verdient, auch wenn Coach Götz schon wieder die letzten 30 Minuten zu einem Hoffnungsschimmer erklärt. Angeblich wurde diese Woche mit Fussballtennis vor allem Lockerheit trainiert - größer könnte der Irrtum nicht sein. Die Mannschaft braucht einen Kurs in Fußball-ABC: sie spielt wie jemand, der noch nicht schreiben kann, aber schon ein Gedicht im Sinn hat. Die jungen Spieler Kevin-Prince Boateng und Patrick Ebert (um sie geht es ja gewissermaßen in dieser Saison, die von den Hertha-Bossen als Entwicklungshilfejahr verkauft wird) zählten gestern zu den Verlierern. Boateng ging so naiv und auch lustlos in Zweikämpfe, dass man Grund zu den Annahme hat, dass das im Training einfach nie auf dem Programm steht, jedenfalls nicht individuell mit ihm, der da immer schon Probleme hat (deswegen wird er auch kein Großer, das zeichnet sich schon ab). Ebert ist eher bereit, an den Mann zu gehen, aber auch er wirkte gestern immer wieder überrascht, daß er bei der Annahme von Zuspielen schon gestört wurde - die Pässe auf ihn waren meistens ohnhin problematisch (Dardai!), das Stoppen fällt bei Hertha allen schwer, das vorentscheidende 0:2 begann bei Ebert auf halbrechts, wie so viele Gegentore in dieser Saison (in den anderen Fällen waren Jerome Boateng oder Dejagah die Urheber). Das frühe 0:1 aus einem Corner, der für einen Galasek-Weitschuss nach hinten gelegt wurde, zeigte gleich die Patzigkeit der Hintermannschaft: niemand machte auch nur einen Schritt in Richtung des Schützen. Gilberto spielt seit Wochen so unglaublich unprofessionell, dass ich ihm am liebsten sofort die Freigabe erteilen würde, wenn er zu Saisonende ein Angebot vorlegen kann: zwei, drei Millionen für ihn wären schon zuviel, sollten aber zu lukrieren sein. Hertha brechen gerade zwei Generationen weg. Die Stars suchen (geistig) das Weite: Bastürk, Pantelic, Gilberto. Die Talente stossen an ihre Grenzen und werden nicht entwickelt: Boateng, Ebert. Die Mittelmässigen müssen und dürfen bleiben: Dardai, van Burik. Coach Götz müsste eigentlich von sich aus zurücktreten und auf alle Ansprüche verzichten. Er wird es sich aber mit den anderen Mediokren einrichten: mit dem Aufsichtsrat, der nicht kontrolliert; mit der Geschäftsführung, die nicht wirtschaften kann; mit Manager Hoeneß, der hilflos wirkt. Nächste Woche kommt Bielefeld.

Keine Kommentare: