Mittwoch, Juni 21, 2006

System Klinsmann


Für die deutsche Nationalmannschaft konnte ich mich nie so richtig erwärmen. Da bin ich als Österreicher wohl ein wenig negativ konditioniert, denn ich sehe den Engländern viele Spiele nach, deren Qualität ich bei den Deutschen verhöhnt hätte. Bei dieser WM passiert aber etwas, was vielleicht auf die Liga zurückwirken wird: Das System Klinsmann beruht auf einem extrem analytischen Zugang zum Spiel. Die Trainer werden dadurch auch ein wenig zu Volkspädagogen. Das lange Interview von Jogi Löw vorgestern in der Süddeutschen war ein tolles Exempel dafür, wie in Deutschland sonst über Fußball nicht gesprochen und geschrieben wird - nicht von den Kommentatoren, nicht von den Experten (auch das ändert sich allmählich, dank Daum und Klopp), nicht von Clubtrainern (außer wenn sie als "Experten" sprechen), nicht von den Fans. Inzwischen gibt Miroslav "Mirek" Klose in Interviews schon detaillierte Analysen zum Spielstil von Cannavaro - der Trainerstab sucht sich also die intellektuellen Spieler aus, die dazu passen. (Klose neulich auf die Frage, welcher Humor ihm liegt: "Wenn es ein wenig überraschend kommt. Wenn man ein wenig darüber grübeln kann, was gemeint ist.") Die Bundesrepublik ist ein Staat, der von Reflexionsschüben abhing. Jetzt, wo sie in der Politik schon lange ausbleiben, hat einer wenigstens den Fußball erreicht. Das ist schon einmal nicht schlecht, meine Präferenzen bei dieser WM werden mir aber weiterhin vom Stammhirn diktiert. Am Samstag spielt aller Voraussicht nach "uns' Arne" gegen Freddie Ljungberg - ein Duell, bei dem der Kapitän der Hertha zum ersten Mal internationale Klasse beweisen muß.

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